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Leseprobe für das Buch Ein Lausbubenmädchen von der Schwäbischen Alb
Erlebnisse aus der Nachkriegszeit
von Christa Rücker, Ruecker:

Der Milchzahn

Mit Großmutter Apollonia Kaufmann (geb. 1879) zum Zahnarzt
Unseren guten Dr. med. Dietrich, der in Steinheim a. A. seine Praxis hatte, kannte ich von Kindesbeinen an. Wenn jemand von uns im Haus krank war, kam er ins Haus und er wusste genau, wie wir wieder gesund werden können.
Doch einmal marschierte ich als 6jährige mit meiner 66 Jahre alten Großmutter 2 km weit über den Steinhirt zum Doktor. Der Grund war ein Milchzahn, der zwar wackelte, aber nicht raus ging.
Herr Dr. med. Dietrich war auch ein halber Zahnarzt. Er betrachtete den Wackelzahn und sagte: 'Das haben wir gleich.' Um den Zahn wurde ein Faden gelegt. Der Faden wurde an die geöffnete Tür gebunden. Türe zu - der Zahn war draußen.
Es entstand keine Angst vor dem Zahnarzt, er hatte ja nicht gebohrt.
Lange habe ich diesen Milchzahn in einer leeren Streichholzschachtel aufgehoben.

Der Schulweg und ein Unfall
Unser Schulweg war über den Berg, bei Eis und Schnee. Eine Quelle überquerte mit ihrem Sickerwasser unseren Weg. Wenn es sehr kalt war, fror das Wasser zu einer schönen Schleife (Eisbahn).
Wer einen Ranzen hatte, war gut dran. Wir setzten uns darauf und rutschten voll Freude ein Stück den Berg hinab. Kamen wir zu spät heim, gab es kein Lob. Im Winter waren die Straßen noch nicht gestreut. Wir konnten Schlittschuh laufen. Der große Holzbahnschlitten, mit Holz beladen, war für uns auch Transportmittel. Wir setzten uns, beim Heimweg von Steinheim nach Sontheim, hinten drauf. Einmal schubsten wir Mädchen uns um den Platz und ich fiel zu Boden. Die Kufe des Schlittenanhängers (2. Schlitten) erfasste mein Bein. Die Wade wurde verdreht, das Blut kam ganz fein durch die Poren der Haut. Es schmerzte sehr. Die Mädchen gingen ortseinwärts zu Frau Marianne Mack und erzählten, was passiert war. Marianne hat mich auf einem kleinen Schlitten heim transportiert. Der gute Arzt Dr. med. Dietrich aus Steinheim wurde verständigt. Er kam am Nachmittag. Das Bein wurde untersucht, gebrochen war nichts. Es wurde eingerieben und mit Guttapercha - oder wie das hieß - eingewickelt. Das bedeutete nun: Liegen auf dem Sofa. Wenigstens einige Zeit. Da war es jedenfalls warm.
Die Sommermonate waren angenehmer. Ich habe mir immer Zeit gelassen mit dem Nachhausekommen. Doch wir waren alle froh, als wir hörten, dass wir bald in Sontheim in die Schule konnten. Ein kurzer Schulweg bedeutete ja auch, nicht so bald aufstehen zu müssen.

Was haben wir gelesen
Großmutter las täglich die Zeitung und die Bibel, im Gesangbuch, im Losungsbuch und im evangelischen Gemeindeblatt.
Mutter las die Zeitung, das evangelische Gemeindeblatt und ein Buch, wenn sie irgendwo eines ausleihen konnte.
Mein Bruder und ich lasen die Bücher, die wir zu Weihnachten oder zum Geburtstag bekamen. Werner musste mehr Schulbücher lesen, da er das Gymnasium besuchte. Wenn er Gedichte lernen musste, hörte ihn Mutter ab und ich lernte mit, z.B. Schillers Glocke, der Erlkönig, Schimmelreiter, Wilhelm Tell, Iphigenie usw..

Kleidung und Handarbeiten

Nähen
Kleidung besaßen wir sowieso nicht viel. Meine Mutter hat mir bis zur Konfirmation fast alles genäht: Kleider, Röcke, Blusen, Mäntel. Danach (nach meinem 14. Lebensjahr) nähte ich mir viele Sachen selbst. Wenn ich anprobieren sollte, war das jedes Mal für meine Mutter ein Graus. Da hieß es immer: 'Steh doch jetzt mal ruhig hin, dreh dich rechts - nein - nicht so weit!'
Beide Seiten waren glücklich, wenn das Kleid passte. Das erste Kleid, das eine Schneiderin nähte, war das 'Vorkonfirmationskleid' und das Konfirmationskleid.
Meine Mutter hatte in ihrem Laden auch Stoffe und Nähzutaten. So konnte ich mir selbst die passenden Knöpfe und Borten aussuchen. Meine Mutter hatte eine versenkbare Nähmaschine. Sie hatte diese 1934 in Weilheim/Teck bei dem Vater von Tante Helene Kiem, geb. Schall gekauft. Die ersten Versuche mit der Nähmaschine im richtigen Rhythmus zu treten, und dann eine gerade Naht zu bekommen, war ein großer Fortschritt für mich. Ich wollte ja selbst das Nähen lernen.
Gekaufte Oberbekleidung gab es kaum. Ja, Trainingsanzüge für den Winter. Meine Mutter zertrennte alte Kleidungsstücke und nähte schöne Sachen für uns davon. Sie war sehr geschickt darin.
Bei meiner Einschulung 1945 trug ich ein nettes gekauftes blaues Bleyle-Kleid. Das war etwas Besonderes. Als es zu kurz wurde, strickte meine Mutter am Saum an. Sie verlängerte es mit den Farben Weiß und Rot. Schnell hatte ich in der Schule einen Spitznamen: 'Der Franzose'.
Es waren die Farben der französischen Nationalflagge. Vielleicht wussten es die Kinder, weil bei uns im Dorf auch gefangene Franzosen bei den Bauern arbeiteten.

Schuhe
Es gab Gummistiefel (später), warme Hausschuhe (oft ein Weihnachtsgeschenk), ein Paar Halbschuhe geschnürt, ein Paar hohe Stiefel geschnürt, ein Paar Turnschuhe aus Leinenstoff, die mit einer milchigen Flüssigkeit eingepinselt wurden, wenn sie nicht mehr schön waren (flüssiges Schuhweiß) für das Kinderfest.
Ich hatte besondere Schuhe, die 'Roten', von Papas Leder-Sonderanfertigung von Herrn Weireter aus Steinheim. Überhaupt wurden unsere Schuhe sehr gepflegt. Oft hieß es Schuhe putzen, dann eincremen und blank polieren. Das habe ich nie gerne getan.