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Leseprobe für das Buch El Pollo - Entscheidung in der Sierra Chica von Martin Gehring:

Der Ausritt

Die Sonne war gerade aufgegangen und eine angenehme morgendliche Kühle lag über dem verschlafenen Ort Carrizo. Doch das würde nicht lange so bleiben. In wenigen Stunden schon würde die gleißende Sonne die Sierra Chica, wie jeden Tag, in einen Glutofen verwandeln. El Pollo ritt auf seinem Klapperhasen über den Platz vor der Kirche. Als er dort angekommen war, stieg er ab. Er wusste, dass Pedro, Enrico und die anderen schon im Maisfeld darauf warteten, dass er mit dem Priester abzog. Ein junger Gockel aus dem Dorf hockte, mit seinem tief ins Gesicht gezogenen Sombrero, Schlaf vortäuschend, im Schatten an einer Seite des Platzes. Doch er war hellwach und beobachtete durch ein kleines Loch im Geflecht seiner Kopfbedeckung die ganze Szenerie mit Argusaugen. Sobald El Pollo und der Padre Léon das Dorf in der anderen Richtung verlassen hatten, würde er zum Maisfeld rennen und den anderen das Startsignal geben.

El Pollo band seinen Hasen neben der Kirche an, atmete tief durch und klopfte an die Eingangstüre. Er hatte sich in der Zwischenzeit den Ansatz eines Planes zurechtgelegt. Ein wesentlicher Teil seines Vorhabens beruhte auf Schauspielkunst und darin war El Pollo recht unerfahren. Doch es musste einfach klappen, wenn er die Four Roosters mitsamt dem Verräter besiegen und Carrizo retten wollte. Nach einem Moment war auf der anderen Seite der Tür das Geräusch von einem schweren Riegel zu hören, der zurück geschoben wurde. Dann öffnete sich die massive Pforte und Padre Léon stand vor ihm. Der Priester zeigte sich kurz überrascht, doch er fasste sich schnell und sagte:
'Ich hatte El Pollo erwartet, doch nicht so. Aber trotzdem: Zuerst einmal herzlich willkommen zurück, Sancho. Nun sage mir einmal: Was hat dich geritten, in ein El Pollo Kostüm zu steigen? Du willst wohl den Helden spielen?'
'Padre, ich bin verzweifelt', antwortete El Pollo, den Tränen nahe.
'Ich bitte Sie, wir müssen uns unterhalten.'
'Nun, dann komm' erst einmal herein.'
'Nicht hier, Padre. Ich möchte nicht, dass die anderen aus dem Dorf mitbekommen, wie es um mich steht. Können wir nicht ein Stück reiten? Bitte, bitte, Padre. Helfen Sie mir.'
Der Priester überlegte kurz. Dann sagte er:
'Na gut. Wenn du darauf bestehst, reiten wir ein Stück. Ich muss noch meinen Hasen satteln, dann können wir los.'
Padre Léon verschwand wieder in seiner Kirche und kam einige Minuten später mit seinem gesattelten Hasen am Zügel um das Gebäude herum. Er feierte innerlich schon seinen Sieg, denn er glaubte bereits fest daran, dass die Four Roosters und nicht zuletzt er selbst mit dem unerfahrenen Sancho ein leichtes Spiel haben würden.

Seite an Seite führten die beiden ihre Reittiere über den Platz vor der Kirche. Léon beobachtete zufrieden aus den Augenwinkeln seinen Begleiter, der sich wie ein Häuflein Elend neben ihm herschleppte. Aber auch El Pollo hatte ein Auge auf den Padre geworfen und konnte den kaum verschleierten Triumph in dessen Blick ausmachen. Innerlich beglückwünschte er sich zu seiner schauspielerischen Leistung. Das fing ja gut an! Endlich hatten sie das Ende des Dorfes erreicht, stiegen in den Sattel ihrer Klapperhasen und ritten los. Als El Pollo einen raschen Blick nach hinten wagte, sah er, wie der Gockel, der sich die ganze Zeit schlafend gestellt hatte, aufsprang und losrannte.

Die beiden ritten schweigend etwa zehn Minuten in die Sierra Chica hinaus, bis sie eine Felsplatte erreichten, die in Carrizo als Mesa del Diablo, der Teufelstisch, bekannt war. Dort stiegen sie ab und setzten sich nebeneinander auf die Platte. Einen Augenblick lang herrschte Schweigen zwischen den beiden. Dann brach El Pollo in (professionell dargebotene) Tränen aus und schluchzte mit erstickter Stimme:
'Padre, was habe ich getan? Ich wollte doch nur dem alten Gärtner helfen, der einst El Pollo war. Ich schaffe das alles nicht.'
'Immer mit der Ruhe, mein Sohn', antwortete der Priester salbungsvoll.
'Du bist nicht allein, denn der ewige Hühnergott ist mit dir.'