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Leseprobe für das Buch Geboren in Südvietnam
Schweigen ist Graphit, die Stimme erheben ist Diamant
von Patrick Thanh Nguyen-Brem:

Prolog

Zeitlebens wünschte ich mir, ich hätte meine Geschichte nie erzählen müssen. Ich wäre so gerne in einem Land geboren und aufgewachsen, in dem es keinen Krieg, keine Zerstörung und keinen Hass gäbe. Ich wäre ein ganz normaler Mensch und lebte in einem ganz normalen Land.
Das Schicksal wollte es nicht so. Es fordert mich heraus, meine Rolle anzunehmen, die ich so nie angestrebt hatte. Aber es blieb und bleibt mir nichts anderes übrig.
Als wäre es noch nicht schlimm genug, tagein, tagaus die grausamen Kriegserlebnisse am eigenen Leib oder durch die Medien zu verarbeiten, mussten und müssen wir, - meine demokratisch denkenden Landsleute und ich -, auch noch den Kampf gegen einen Tsunami von wortgewaltiger Propaganda führen, die sich gegen unsere Heimat richtete.
Während in Deutschland die Kriegsgeneration, die Trümmergeneration, unter größter Anstrengung Westdeutschland mit Hilfe des Marshall-Planes erfolgreich aus den Ruinen des Krieges wiederaufbaute, gab es bei den Nachkriegsgenerationen, die nicht unter den Kriegstraumata gelitten hatten, eine Trotzreaktion gegen die - in ihren Augen - reaktionäre Elterngeneration.
'Macht alles kaputt, was euch kaputtmacht!' und 'unter den Talaren, der Muff von tausend Jahren' waren ihre Losungen. Vor allem junge Studenten aus wohlhabenden Familien zeigten damit ihre Auflehnung gegen das bürgerliche Wertesystem damit mehr als eindeutig. Die sogenannte 68er-Generation wuchs heran. Mit Geschick vermischte sie die Friedenssehnsucht der Bevölkerung mit ihrer eigenen Begeisterung für einen 'Sieg des revolutionären Sozialismus'. Diese politische Strömung zog Millionen Menschen in ihren Bann und breitete sich aus wie ein modernes Karzinom des Ost-West-Konfliktes, im Zusammenhang des Klassenkampfes und des Antiamerikanismus.
Nach Ende der Unruhen in Paris im Mai 1968 sahen viele Aktivisten, auch in Deutschland, die Seifenblasen ihrer Hoffnungen platzen: Der erwartete Sieg blieb ganz aus. Ihre tiefe Enttäuschung mündete in einen Stellvertreterkrieg in Vietnam. Fortan wurde ein Spitzbart zum Idol der 68er. Der vermeintlich böse Feind (die Vereinigten Staaten) befand sich ja am anderen Ufer des Atlantiks. Mit der Dämonisierung Amerikas wurde mein Heimatland ins linke Fadenkreuz der Medien mit hineingezogen. Südvietnam war - neben den USA und Israel - der meist gehasste Staat der Welt, bis zu seinem Zusammenbruch 1975. Und die Tragödie danach? Die meisten Linksideologen wollen davon gar nicht erst etwas erfahren. Sie ziehen sich lieber in ihr selbstgebasteltes Wolkenkuckucksheim zurück, um nichts wissen zu müssen.
Als Migrant aus einem kommunistischen Staat saß und sitze ich schon mehr als fünf Dekaden lang wie in einem Zahnradgetriebe zwischen den messerscharfen Zähnen des roten Riesenrades an der linken Seite, das gesteuert wird von den kriegsbegeisterten Friedensaposteln, und den tödlichen Zacken der rechts positionierten, braunen Kettensäge des Neorassismus. Ich entkam trotzdem dem politischen Fleischwolf.
Wie habe ich das alles überlebt? Dieses Buch erzählt Ihnen von meinen Beobachtungen und Erfahrungen aus diesen Zeiten. Vom Krieg über die Migration bis hin zu Auseinandersetzungen mit Ho Chi Minh & Co. Von mir, einem Menschen, der so gerne anders sein wollte, aber nicht anders sein durfte.
Ich wünschte mir, ich hätte die Fähigkeit, nichts sehen und nichts hören zu können und damit auch nichts sagen zu müssen.
Zum Schweigen bin ich nicht geboren. Das Gewissen gegenüber den Opfern wiegt viel schwerer als die Angst vor den Folgen des Redens.