Manuela Kinzel Verlag |
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Wenn ja, dann aber jetzt sofort und ohne langes Hin und Her!“, pfiff die Libelle ihm um die Ohren. Oh, jetzt fühlte sich Pepe ein bisschen unter Druck gesetzt! Wie sollte er so schnell wissen, was sein größter Wunsch war? Aber plötzlich fiel es ihm ein. Einmal so weit schauen können wie sein Freund Jesse und so frei wie die Möwen da oben am Himmel sein – und auch die Libelle konnte ja schließlich fliegen. Das musste wunderbar sein! „Ich will fliegen!“, rief er. „Na, das ist ja nichts Aufregendes, das wird gemacht“, sagte Frau Libelle völlig unbeeindruckt und flatterte davon. Wie? So einfach ging das? Irgendwie seltsam, was hier gerade vor sich ging. „Und nun?“, dachte sich Pepe und schaute sich um. - Nichts geschah. Doch plötzlich wurde ihm ganz schummrig, gerade so wie ein Schwindelgefühl. Er konnte sich kaum aufrecht halten. Irgendwie wurde alles plötzlich ganz weich und leicht. Er versuchte noch, sich im Wasser festzuhalten, was selbstverständlich keine erfolgsversprechende Idee war, und so schwebte er plötzlich wie ein Luftballon über die Wasseroberfläche. Er bekam eine riesige Angst. So hatte er sich das aber nicht vorgestellt! Immer weiter schwebte er nach oben, ohne zu wissen, wie er auf seine Flugrichtung Einfluss nehmen sollte. Der Wind peitschte um seinen nassen Körper und ihm wurde kalt. Einige der Fische, die Pepe ja nur als schwimmende Kollegen kannte, staunten. Einige erschraken und einige schauten recht besorgt. Immer weiter schwebte Pepe Richtung Himmel. Und auch wenn die Aussicht ihn wirklich beeindruckte, so war seine Angst doch so groß, dass von Freude über seinen erfüllten Wunsch gar keine Rede mehr sein konnte. Nicht einmal rufen konnte er, so gelähmt fühlte er sich vor Schreck. „Meine Güte“, dachte er sich, „so war das doch alles gar nicht gedacht! Ich meinte doch fliegen so wie die Libelle, so wie die Möwen und vor allem so wie Jesse. So, dass ich selbst steuern kann, wo ich hin will, so, dass ich auf und ab und hin und her schwinge. Aber ich wollte doch nicht wie ein aufgeblähter Luftballon einfach nur vom Wind hilflos hin und her getrieben werden!“ Wenn er mit den Armen ruderte, so kam er kaum ein Stück von der Stelle. Schließlich hatte er nun einmal keine weit schwingenden Flügel und seine Arme schleuderten nur in der Luft herum, ohne sich auf seine Flugrichtung auswirken zu können. Wie er nach oben, geschweige denn nach unten schweben konnte, davon hatte er nicht im Geringsten eine Ahnung. Und mit den Beinen und Füßen zu strampeln, brachte keinerlei Erfolg. Er begann zu weinen und fühlte sich so einsam und verloren wie noch nie in seinem Leben. Was hatte er da bloß getan? Hätte sich die Libelle nicht denken können, dass er mit 'Fliegen' etwas anderes meinte, als einfach regungslos gen Himmel zu schweben? Er wurde jetzt nicht nur traurig, sondern auch wütend auf die Libelle, da er sich betrogen fühlte. ... Aber - Moment mal - genau das war es ja, wovor Jesse auch immer geflohen war. Als stille Taube war er nie da zu finden gewesen, wo die Möwen laut schrien. Stattdessen konnte Pepe seinen lieben Jesse immer nur in den stillen Weiten über dem Ozean finden, wenn der ganz allein, ganz friedlich seine Runden zog. Geschrien hatte Pepe bisher nie, um Jesse zu rufen, sondern Jesse war immer einfach nur da, wo es friedlich und ruhig war. Schweigend warf er Pepe dann ein Lächeln zu oder eine stille Geste. Wenn Pepe sich nun also so nach Jesses Hilfe sehnte, so sollte er sich ein Beispiel an dessen friedlicher Besonnenheit nehmen, um klare Gedanken fassen zu können. Er hörte auf zu strampeln und zu schreien und besann sich auf das Vertrauen, dass Jesse irgendwo hier oben sein müsse. Jetzt, wo er aufgehört hatte zu strampeln, schwebte er durch den aufkommenden Wind weg von der Küste, und damit drehte sich seine Blickrichtung gen Atlantik, also in Richtung seines Zuhauses. Plötzlich blickte er direkt in die großen Augen von Jesse, der kaum wenige Zentimeter vor seinem Gesicht auftauchte. „Was?“, rief Pepe, „wo kommst du denn plötzlich her?“ Jesse blickte ihn mit einem leicht ironischen Lächeln an, als wollte er sagen, was veranstaltest du hier für ein Gezeter und Geschrei. Jesse war nämlich die ganze Zeit direkt neben ihm geflogen, doch da Pepe nur aufgeregt in der Luft herumstrampelte, hatte er schlichtweg nicht in die richtige Richtung geblickt. ... Er flog hoch und immer höher ... ließ sich wieder gen Meer gleiten und wieder auf und wieder ab. Es war fast noch schöner, als er es sich vorgestellt hatte. Seinen Jubel hörte man bis nach Caminha, bis in die angrenzenden Berge der Küste und über den ganzen Fluss. „Ich bin der König der Lüfte!“, schrie er noch einmal über den Atlantik, als er sah, wie ein Schwarm Möwen am Horizont auftauchte. Jedenfalls glaubte er, dass dies Möwen seien. „Na, die werden Augen machen, wenn sie näher kommen und sehen, was ich für rieeeeesige Flügel habe“, dachte Pepe voller Stolz. Doch je näher der Schwarm kam, desto mehr erkannte Pepe, dass die Vögel weder weiß waren noch graue Flügel hatten. Nein, ihre Flügel schienen dunkelbraun zu sein – oder sogar schwarz? Auch wirkten die Vögel viel größer als Möwen. Je näher sie kamen, desto größer wurden sie. Pepe sah, wie am Flussufer die Kaninchen flohen und sich in Sicherheit brachten. Er hörte, wie die Möwen an der Küste schrien, wie die Enten schnatterten und ihre Jungen in Sicherheit brachten, wie die Frösche quakten und in heller Aufregung ins Wasser sprangen. Nur Herr Frosch, sein Bekannter von vorgestern, blieb am Ufer sitzen und versuchte, Pepe ein Zeichen zu geben, das er jedoch nicht verstehen konnte … bis er mit eigenen Augen sah, wovor ihn Herr Frosch hatte warnen wollen. Mit seinen riesigen Flügeln und auch seinem lauten Jubel hatte Pepe die Greifvögel der naheliegenden Berge angelockt. Auf sie wirkte dieser neue Flatter-Bursche am Himmel wie eine riesige fette Beute, und so stürzten sie in genau seine Richtung. „Frei wie ein Vogel“, das hatte er sich gewünscht. Das war er jetzt zwar, aber damit eben auch den Gefahren ausgesetzt, denen die Küstenvögel ausgesetzt sind. Pepe erschrak und wusste nicht im Geringsten, was er tun sollte. Er als Meeresjunge wusste sich natürlich unter Wasser zu verstecken, aber hier oben in der Luft? Was sollte er tun? Aus lauter Angst stürzte er sich Richtung seiner gewohnten Heimat, dem Meer, und versuchte mit einem riesigen Satz unter Wasser zu tauchen. Doch seine großen Flügel ließen ihn nicht eintauchen, denn die Federn an seinen Flügeln waren, wie es bei Vögeln üblich ist, mit einer dicken Fettschicht überzogen, die ihn nicht ohne weiteres unter Wasser tauchen ließ. Pepe verzweifelte und versuchte, sich mit Armen und Beinen hektisch strampelnd unter die Wasseroberfläche zu schaufeln. Doch die Flügel hinderten ihn daran. Der Schwarm Greifvögel sah ihn natürlich genau und war gerade im Begriff, zu einem Sturzflug in Richtung Wasseroberfläche anzusetzen, da wurde Pepe plötzlich von einer Hand gepackt und unter Wasser gezogen. Fest griff diese Hand an sein Handgelenk und riss ihn in die Tiefe. |