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Leseprobe für das Buch Eine Entscheidung für das Leben
Zu jung schwanger – Abtreibung oder Leben mit Kind? Zwei Erfahrungsberichte
von Elena Seidl & Carola Rink:

(Carola erzählt:)

Ich zwinge mich, nicht auf den Streifen zu starren, bis sich ein roter Strich zeigt, oder andauernd nachzugucken. Nach einer halben Stunde ist ein zartrosa Strich da, kaum sichtbar. Vielleicht ist er ja nicht da. Vielleicht verschwindet er einfach wieder. Es ist ja noch keine Stunde rum. Ich versuche, wieder zu schlafen, ziehe die Decke über den Kopf. Ich bin nicht da. Will weg sein, einfach nicht da.
Als ich wieder gucke, ist der Streifen rot, nicht weg. Also doch.
Ich weiß schon alles, was zu tun ist. Kann die Nummer vom Familienplanungszentrum auswendig. Ich rufe da an, und die retten mich, dann geht es weiter, es passiert was, ich komme raus aus diesem Vakuum des Wissens und Nicht-Wissen-Wollens.
Aber die haben noch nicht auf! Ich kann da jetzt nicht anrufen. Die sind noch nicht da, warum machen die erst um 10.00 Uhr auf??? Ich brauche die jetzt! Ich will jetzt sofort eine Abtreibung! Jetzt.
Ich bin schwanger – jetzt weiß ich es sicher. Ich will jetzt sofort was dagegen tun. Ich weiß nicht, in welcher Woche ich bin, bestimmt schon weit, Abtreibungen müssen in den ersten 12 Wochen passieren. Solange sind meine Tage ja nicht her, nur fünf Wochen. Oder war meine letzte Periode gar keine echte?
Vorgestern kaufte ich dann doch den Test.
Und nun hat der einen verdammten, blöden, bescheuerten, beknackten roten Streifen, der mir sagt, dass ich was tun soll. Gegen das Schwanger-Sein. Und nun kann ich nix tun, als warten, bis die Leute beim Familien-planungszentrum endlich aufgestanden sind, gefrühstückt haben und sich bequemen, ihren Dienst anzutreten. Wieso machen die erst um 10.00 Uhr auf? Ich hab ja extra schon gewartet bis Donnerstag mit dem Test, weil ich bei „positiv“ gleich die Möglichkeit haben wollte, da anzurufen. Mittwochs haben die gar nicht auf, jedenfalls haben sie keine Telefonzeit angegeben. Wieso haben die nicht immer – 24 Stunden – offen??
Kann ich was frühstücken? Darf man vor einer Abtreibung frühstücken? Oder muss das nüchtern geschehen? Ich warte und warte. Habe sowieso keinen Hunger, tigere in der Wohnung umher.
Um 10.00 Uhr rufe ich an. Keine Spur von Scheu diesmal, sonst rufe ich extrem ungern bei fremden Leuten an. Habe immer das Gefühl, ich kann mich am Telefon nicht verständlich machen.
„Familienplanungszentrum“ meldet sich.
„Ich brauche eine Abtreibung“
„Guten Morgen, mit wem spreche ich denn?“
„Carola Rink. Ich brauche eine Abtreibung.“
„Sie vermuten, dass Sie schwanger sind und möchten abtreiben?“
„Ja, wann kann ich kommen?“
„Sie können zu uns kommen und wir machen einen Schwangerschaftstest und beraten Sie. Und dann sehen wir weiter.“
„Ja, aber Sie führen doch auch Abtreibungen durch?“
„Ja.“
„Und wann kann ich zur Abtreibung kommen?“
„Zwischen Beratung und dem Termin zur Abtreibung muss mindestens eine Woche liegen.“
„Ja, aber ich weiß nicht, in welcher Woche ich bin, das muss schnell gehen.“
„Aber die Frist müssen wir einhalten. Sie können heute Nachmittag um 16.00 Uhr zur Beratung und gynäkologischen Untersuchung kommen.“
„Und wann ist dann die Abtreibung?“
„Frühestens in einer Woche.“
„Um wieviel Uhr?“
„Wollen Sie nicht erstmal zur Beratung kommen heute Nachmittag?“
„Nein, ich möchte einen Termin zur Abtreibung.“
„Wollen Sie den jetzt schon festlegen, bevor Sie zur Beratung da waren?“
„Ja!“
„Also, das könnte nächsten Donnerstag um 8.30 Uhr sein.“
„Ja, dann tragen Sie mich da bitte ein.“
„Sie können den Termin jederzeit absagen. Erstmal kommen Sie heute um 16.00 Uhr zur Untersuchung und Beratung. Und vielleicht haben Sie jemanden, der oder die mit Ihnen kommt?“
„Muss das mein Freund sein?“
„Nein, aber wenn eine Person Ihres Vertrauens mitkäme, wäre das gut.“
„Ja, ich schaue mal. Danke schön. Bis heute Nachmittag.“
„Bis heute Nachmittag.“

Scheiße! Eine Woche! Wieder warten. Eine Woche ist bestimmt viel zu lange. Bestimmt ist das Baby dann schon fast fertig und ich darf nicht mehr abtreiben. (…)

***

(Carola schreibt:)
Meine Geschichte ist der Versuch einer Antwort auf die Frage, die ein Freund von mir in den Raum stellte: „Was geht wohl in Frauen vor, die abtreiben?“
Ich möchte die Not aufzeigen, die durch eine frühe, ungeplante Schwangerschaft entsteht und den Konflikt und die Verzweiflung, wenn man nur zwischen zwei falschen Wegen wählen kann.
Für mich ist daraus auch eine Spurensuche geworden: Warum habe ich eigentlich abgetrieben? Aber auch: War die Abtreibung wirklich nötig? Wäre sie vermeidbar gewesen?

Zweimal habe ich sehr junge Frauen mit ihrem kleinen Kind erlebt: einmal Elena, als ihre Tochter ca. sechs Monate alt war. Elena strahlte so sehr, als ich sie nach ihrer Tochter fragte und wie es denn läuft als so junge Familie. Elena strahlte nicht nur im Gesicht, sondern aus jeder Hautpore echtes Mutterglück aus – ich war tief beeindruckt und gerührt, vor allem vor dem Hintergrund meiner eigenen Geschichte. (…)

So kann es also auch sein!

In mir erwuchs die Frage: „Was geht in sehr jungen Frauen vor, die ihr Kind bekommen?“ Wenn sie so glücklich mit ihrer Situation sein können, wie ich es bei Elena und der unbekannten jungen Mutter erlebt hatte, wie kann man diese Möglichkeit anderen, ungewollt schwangeren Frauen aufzeigen? Für mich war die frühe Schwangerschaft eine Situation, die mich so überfordert hat, dass sie für mich nicht überlebbar erschien. Wie kann diese Situation erlebbar werden? Was braucht es denn, damit die ungeplante Schwangerschaft eines jungen Mädchens ausgetragen wird?
Das sind die Grundfragen, die ich im zweiten Teil des Buches an Elena stelle. (…)

***


(Carola fragt, Elena erzählt:)
Wie alt waren du und Daniel, als du schwanger wurdest?
Ich war 16 und mein Freund war 18 Jahre alt.


In welcher Lebenssituation wart ihr beide?
Ich besuchte zu der Zeit die 11. Klasse eines Oberstufengymnasiums und wohnte bei meinen Eltern zuhause. Daniel studierte im 1. Semester Maschinenbau und lebte allein in einer Studentenwohnung.

Wie würdest du euer Gefühl beschreiben, als ihr erfahren habt, dass du schwanger bist?
Mein erstes Gefühl, nachdem ich den positiven Test gesehen hatte, war sicherlich keine Freude. Vielmehr war es ein großer Schock, ein riesiges Fragezeichen für die Zukunft und wie mein Umfeld reagieren würde.
Daniel reagierte damals recht unbeholfen. Er war sehr bestürzt und wirkte zunächst so, als ob er nicht mehr wüsste wo oben und unten ist.
Die Stunden unmittelbar nach dem Test weinten wir viel, allerdings stellte ich mir selbst keinerlei Fragen wie es zu der Schwangerschaft kommen konnte, sondern viel mehr die entscheidende Frage: „Welche Möglichkeiten habe ich jetzt?“
Eine Freigabe zur Adoption kam für mich nicht in Frage, denn ich wusste, wenn ich das Kind austragen und gebären würde, hätte ich es keinesfalls abgeben können. Also blieben prinzipiell die Optionen „Behalten“ oder „Abtreiben“.


Hast du dir Rat geholt?
Ich war mir bereits ein paar Stunden nach dem positiven Schwangerschaftstest meiner Entscheidungstendenz bewusst, trotzdem spielte es für mich eine wichtige Rolle wie mein Freund und meine Eltern reagierten.
Daniel hatte keine klare Meinung und vermutlich hätte er sogar eher ein Stück mehr in Richtung Abtreibung tendiert (auch wenn er das nie direkt aussprach), trotzdem versicherte er mir: „Egal wie du dich entscheidest, ich stehe hinter dir und unterstütze dich.“ Mein Freund war noch nie jemand der großen Worte, der viel über seine Gefühle oder Probleme spricht, aber für diesen einen Satz war und bin ich ihm so unendlich dankbar, denn das war hundertprozentig das, was ich in diesem Moment brauchte.


Waren das Baby und du als Mutter konkret vorstellbar für dich in der Zeit der Entscheidung? Oder war es eher eine abstrakte Entscheidung? Hast du eine Liebe für das in dir wachsende Baby gespürt?
Nein, ich würde nicht sagen, dass es für mich konkret vorstellbar war. Abstrakt war die Entscheidung in dem Sinne, dass ich mich vielleicht zunächst nicht unbedingt für das Kind, sondern gegen eine Abtreibung entschieden habe.
Den ersten Abend nach dem Test habe ich eigentlich keine Liebe in dem Sinne für das Kind verspürt, denn so richtig realisiert hatte ich mit Sicherheit noch nicht, dass dort tatsächlich schon ein Mini-Mensch in mir wächst. Ich erinnere mich allerdings, wie Daniel an dem Abend zwischen all den Tränen seinen Kopf auf meinen Bauch legte und flüsterte: „Hörst du mich? Ich bin dein Papa!“


Wie waren die Reaktionen der Leute auf dich als schwangere Schülerin?
In der Öffentlichkeit (mir ist es beispielsweise immer stark in der Straßenbahn aufgefallen) waren die Blicke abwertend. Man konnte sichtlich sehen, wie sich die Leute ein klischeemäßiges Mädchen mit schlechten Noten, fragwürdigem Elternhaus und weggelaufenem Freund nach kurzer Beziehung vorstellten und sich dachten, „das arme Baby“. Natürlich kann ich nicht wissen, ob sie das wirklich dachten, aber so fühlte es sich für mich an. Und ja, es hat sehr wehgetan.
Auch in der Schule erntete ich natürlich ungläubige Blicke. Trotzdem versuchte ich die Schwangerschaft nicht zu verstecken. Ja, ich trug sogar recht enge Shirts, denn ich war auch ein bisschen stolz. Stolz auf die mutige Entscheidung und ich freute mich über meinen wachsenden Babybauch und auf mein Kind. (... )