Manuela Kinzel Verlag |
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Mich beschleicht eine Vorahnung, ich werde unser letztes Kind nicht mehr mit Dir großziehen können. Zuerst möchte ich Dich um etwas bitten. Wenige Tage, nachdem unsere Prinzessin Zafenat starb, wurde uns unsere Tochter Hannah geboren. Du hast sie in Deiner Trauer kaum gesehen; sie konnte Dir Dein Herz nicht öffnen. Du hast sie nicht gerochen. Das Geschenk ihrer Freude hast Du nicht angenommen. Du konntest es nicht. Ich hätte es auch nicht vermocht. Aber ich hatte den Schmerz um unsere große Tochter Zafenat beiseiteschieben müssen, um ganz für Hannah da zu sein. Es hat mich verletzt, weil Du weder Hannah noch mich gesehen hast. Trösten ließest Du Dich kaum. Ich habe darum die Liebe, die ich Dir nicht geben konnte, unserer Hannah geschenkt. Nun aber kann ich das nicht mehr, und deshalb bitte ich Dich, dass Du sie endlich als Deine Tochter siehst und annimmst, wenn sie Dir diesen Brief verlesen hat. Das erbitte ich mir auch für unser Kind, das ich noch lebend zu gebären hoffe. Sieh es, liebe es, und lebe mit ihm. Das soll Dich über meinen Tod hinwegtrösten. Ich schreibe Dir, weil ich Dir verzeihe, wo Du in meinen Augen und in meinem Herzen gefehlt hast. Und ich möchte Dich an das Geschenk unserer Liebe erinnern, die wir mit unserer Zafenat geteilt haben. Ich erinnere mich noch immer so, als wäre es erst gestern gewesen, als Du zu uns nach Paddan-Aram kamst. Es machte Dir Eindruck, wie geschickt ich mit den Schafen umging. Es war sehr heiß. Die Luft flimmerte noch über dem Boden. Du hobst den Stein vom Brunnenloch und tränktest meine Herde. Da wurde mir klar: Es ist für uns beide Liebe auf den ersten Blick. Du warst eines der Kinder meiner Tante Rebekka, die unsere aramäische Heimat vor langer Zeit verlassen hatte. Ich hatte sie nie kennengelernt. Du hattest nichts mitgebracht, um meinen Brautpreis zu bezahlen. Also musstest Du sieben Jahre lang um die Gunst meines Vaters arbeiten. Sie vergingen wie im Flug, denn wir lebten schon Familie. Wir aßen miteinander, erzählten einander und ich lernte Deine Gaben schätzen. Alles, was Du anhast, hast Du selbst wachsen oder aufwachsen lassen. Du konntest Wolle zu Garn spinnen, färben, weben. Du zaubertest leckerste Mahlzeiten von den kargen Äckern, die Du bearbeitet hattest. Die Schöpfung Gottes war Deine Apotheke, und Du wusstest, für welches Schaf welches Kraut gewachsen war, um es wieder gesund zu machen. Du sprachst mehrere Sprachen, konntest mit allen Händlerinnen Geschäfte machen und hast Dir von ihnen Neuigkeiten aus ihren Reichen erzählen lassen. Du hattest einen Glauben, der mich berührte. Mein Vater hatte sich aus Gold und Silber eine göttliche Figur anfertigen lassen. Nur sprach sie nicht mit ihm. Sie hörte ihm auch nicht zu. Du hingegen hattest geschlafen, wo die Engel Gottes den Himmel verlassen und die Erde betreten. Du hast der Stimme des Höchsten gelauscht und eine Nähe zu El Schaddai geglaubt, der Stillenden und Nährenden, als hättest Du selbst an ihrer Brust getrunken. Ich wollte an deinem Glauben teilhaben. Als wir später vor der Ungerechtigkeit meines Vaters flohen, versteckte ich sein kümmerliches Bildnis von einem Gott unter meinem Schoß, damit er zum lebendigen Gott Deiner Großeltern Sara und Abraham finden würde, zum Gott Isaaks und meiner Tante Rebekka, die Deinem und nun auch unserem Gott vertraut hatte. Wir zwei, mein lieber Jakob, liebten uns. Ich hatte meine Schwester Lea auch geliebt. Aber als Dir mein Vater sie an meiner Stelle zur Frau gab, war alles falsch gewesen. Du würdest Dich um sie kümmern, aber unsere Liebe hatte einen Keil angesetzt bekommen. Du schliefst mit ihr, und ihr bekamt Kinder. Du schliefst mit meiner Magd Bilha und mit Leas Magd Silpa. All das hatte mich zutiefst verletzt, waren wir uns doch versprochen gewesen, und nun war ich die letzte, der die Gnade eines gemeinsamen Kindes mit Dir geschenkt wurde. Du brauchtest beide Hände, um nur Deine Söhne zu zählen, bis uns endlich Zafenat geboren wurde. Und sie war einfach anders. Zafenat war nicht Deine erste und auch nicht Deine letzte Tochter. Als sie in der Gestalt eines Jungen zur Welt kam, hattest Du sie sogleich in Deinen Armen gewogen. Als sie begann, uns nachzuahmen und mit uns zu sprechen, brachst Du nicht mit ihr, weil sie sich als Mädchen fühlte. Du gabst ihr alles, was sie dazu brauchte: Deine Liebe, Deine Annahme, Deine vielfältigen Gaben und Deinen Glauben. Du respektiertest ihren Namen, den sie sich beim Erlernen der Sprache Ägyptens selbst gegeben hatte: Zafenat Paneach. Ihre Träume drangen nicht alle aus ihrem Herzen, manche fielen vom Himmel in ihre Seele. So wie Du einst am Jabbok mit ihm gerungen hattest, so war ich mir gewiss, Zafenat würde einst ihrem Gott persönlich begegnen. Als ich mit Hannah schwanger war, hattest Du Zafenat das schönste Kleid auf dem Erdkreis angefertigt: aus reinster Wolle feinsten Faden gesponnen, den Zwirn mit Farben des Regenbogens gefärbt, Deine Liebe in den Stoff hineingewoben. Du riefst unsere Siebzehnjährige. Trunken von unendlichem Glück streifte sich Zafenat ihr Kleid über, das einer Prinzessin würdig war. Du und ich verneigten uns vor unserer Tochter, so wie sie es geträumt hatte. Ich liebe Dich dafür, dass Du ihre Bedürfnisse vor Deine Erwartungen und Vorstellungen gestellt hattest. Ich vermisse sie sehr. Und ich habe Dich mitverloren, als sie nicht mehr heimkam. Hannah und ich hätten Dich gebraucht. Nun, da Dir Hannah diesen Brief verlesen hat, bitte ich Dich, dass Du Dich liebend und segnend nicht nur vor unseren Kindern verneigst, sondern vor allen Kindern Israels. Du hast mit Gott um seinen Segen gerungen. Es wird Zeit, dass Du seinen Segen annimmst und an alle Deine Kinder weiterreichst. Dann sind auch wir nicht mehr entfremdet, sondern wieder in unseren Herzen vereint. Ich vergebe Dir Deine Abwesenheit im Geiste während Deiner Trauer. Bitte vergib auch Du mir meine offenen Worte. In Liebe, Deine Rahel.' |