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Leseprobe für das Buch Wenn plötzlich nichts mehr einfach ist
Zurück ins Leben
von Anke Tautz, Friederike Tautz:

Meine liebe Tochter

Du hast das gemacht, was ich in den ersten Wochen nach Deinem Unfall oft überlegt hatte zu tun: Du hast die Zeit Deines Lebens nach dem Unfall Revue passieren lassen und dabei Deine Gedanken und Gefühle nieder geschrieben sowie Worte für all diejenigen gefunden, die Dich und auch uns alle unterstützt haben.
Du hast Deiner Familie und Deinen Freunden einen langen Brief geschrieben und Dein derzeitiges Leben aus Deiner Sicht geschildert.
Als der Unfall passierte, habe ich mir oft gewünscht, Literatur dazu zu finden, wie es anderen Menschen, anderen Müttern in so einer Situation geht, wie sie fühlen, was sie denken, wo sie die Kraft und Hoffnung hernehmen.
Da ich so etwas nicht finden konnte, kam der Gedanke nach einem eigenen Buch bzw. Erfahrungsbericht auf, auch für Dich eines Tages zum Nachlesen, wenn es Dir denn überhaupt wieder so weit gut gehen sollte.
Keiner wusste, ob Du je wieder lesen können würdest.
Doch der Ablauf der folgenden Monate ließ mir keine Energie mehr dafür übrig, den Blog zu schreiben, per Telefon und SMS die Kontakte, Deine Kontakte, zu pflegen, mich um Dich und Luisas Alltagsleben zu kümmern und dann eines Tages wieder arbeiten zu gehen, hat jegliche Kraft benötigt.
Als ich im Mai, fast 8 Monaten nach dem Unfall, Deinen Brief, in dem Du über Deine Gedanken und Gefühle und Dein stark verändertes Leben berichtetest, erhalten habe, habe ich mich riesig gefreut, dass Du entgegen aller Prognosen in der Lage bist, so etwas zu schreiben. Ich war auch stolz, dass Du Deine Gefühle auf diese Weise ausdrückst und Dein enges Umfeld daran teilhaben lässt.
Da die Zeit nun etwas ruhiger geworden ist und Du in guten Händen in Norddeutschland an Deiner Gesundung arbeitest, will ich mal versuchen, meinen ursprünglichen Gedanken ebenfalls umzusetzen und Dir zum Einen auf Fragen antworten und zum Anderen auch meine Gedanken und Empfindungen während dieser einschneidenden Zeit mitteilen.
Im Gespräch über Deinen Brief haben wir dann am 2. Juni 2013 beschlossen, den Versuch gemeinsam zu wagen, ein Buch aus unseren Erfahrungen zu schreiben, jeder dabei aus seiner Sicht.

Deine Mama


Besuche zwischen Bangen und Hoffnung

Es war schönes Spätsommerwetter. Die Sonne schien oft. Am Achensee hängt morgens der Nebel oft tief und dann reißt er plötzlich auf, ein Schauspiel der Natur.
Mal war die Sonne warm, aber manchmal auch unberechenbar kalt.
Es gab dann sogar an einem Tag den ersten Schnee und damit eine kurzzeitige Sperrung des Brenners.
Zwischen den Besuchszeiten gingen wir dann nach Innsbruck rein oder waren auch mal bei Renate, die wir versuchten, auf dem Laufenden zu halten.
Insgesamt waren die Rahmenbedingungen für einen angenehmen kurzen Herbsturlaub gut ... Wenn, ja wenn Du bei uns gewesen wärst und uns alles in Deiner neuen Heimat hättest zeigen können.
Doch Du lagst weiterhin in der Klinik und machtest keine Anstalten aufzuwachen.
Ich saß am Bett und wünschte mir nur eins: Du würdest aufwachen und sagen 'Mama, Du nervst.' Was hätte ich darum gegeben, diesen Satz wieder zu hören.
Keiner konnte mir sagen, ob Du ihn je wieder sprechen können würdest.
Dann beschloss ich, während ich an Deinem Bett saß, einen Schal zu stricken. Er sollte 21 Maschen haben im Hinblick auf Deinen 21. Geburtstag.
Ich hatte in meiner Naivität, in meiner Hoffnung, beschlossen, dass Du ihn dann wieder tragen bzw. gebrauchen würdest.
Luisa und ich gingen also Wolle kaufen.
Sie war in den Farbtönen von Herbstlaub: orange, weinrot, gelblich, leicht pink, etwas beige und braun. Ein wunderschönes Farbenspiel, das gut zu Deinen rötlich-blonden Haaren passen würde, wenn sie wieder länger wären und ihren Glanz zurückbekommen hätten.
So saß ich nun an Deinem Bett und strickte. Das letzte Mal, dass ich für Dich gestrickt habe, war bei unseren Urlauben in Schönberg an der Ostsee gewesen. Du warst zwischen 2 und 4 Jahren, und ich entwarf Pullover für Dich, denn stricken nach Anleitung war noch nie mein Fall.
Diese Pullover habe ich aufgehoben.
Nun war es also ein Schal.
Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass Du ihn nicht brauchen würdest ... zumindest in dem kommenden Winter nicht mehr.
Luisa gefiel er jedoch ebenfalls so gut, dass ich auch für sie noch Wolle kaufte.
Es tat gut und manchmal hatte ich das Gefühl, ich stricke alle meine Gedanken und Ängste mit ein. Es war ein Stück weit Therapie, Ablenkung.
Luisa hatte derweil Deinem Teddy aus Kindheitstagen, der Dich Dein Leben lang überall hin begleitet hat, ebenfalls eine Schürze aus der Schutzkleidung für uns gebastelt und darauf Deinen Namen und ein Kreuz in rot geschrieben. In Teddys Schürze steckten ein paar Bilder von Dir und ihr von Deinem letzten Heimatbesuch.
Einige Schwestern achteten darauf, dass er immer neben Dir im Bett lag, einige jedoch nicht. Das holten wir dann sofort nach, wenn wir zu Dir kamen.

* * *

Warum ich
Diese Frage beschäftigt mich seit Mitte Mai, aber es konnte und kann keiner beantworten.
Am Schönsten fand ich den Satz einer Freundin: 'Wenn nicht Du, wer dann? Wer hätte die Kraft gehabt das durchzustehen? Die meisten hätten sich schon längst aufgegeben!'
Und das stimmt tatsächlich, glaube ich. Natürlich habe auch ich daran zu knacken, aber irgendwie werde ich das schon hinbekommen (müssen).
Als es mir eine Woche vor dieser Frage echt mies ging, habe ich mich zum ersten, und bisher einzigen, Mal gefragt, warum ich wieder aus dem Koma erwacht bin.
Die Leute, denen ich das erzählt habe, meinten überwiegend: 'Weil du das alles, was jetzt ist, verpasst hättest.'
Na ja, aber das hätte ich ja gar nicht mitbekommen. Seit ich wieder wach bin, habe ich keine Sekunde daran gedacht, dass ich sterben will, denn das hätte ich dann ja mitbekommen und das alles möchte ich im Grunde nicht mehr missen. Außerdem wären alle bisherigen Anstrengungen dann umsonst gewesen.
Natürlich würde ich morgens lieber aufwachen und es wäre alles gut, aber das ist nun leider nicht möglich. Eine Freundin meinte zu mir, dass mich eigentlich absolut nichts mehr schocken kann von Dingen, die noch geschehen. Und damit hat sie irgendwie Recht.
Die nächste 'Warum ich?'-Frage ging an meinen Freund, denn er konnte mit ziemlicher Sicherheit andere haben, zumindest welche, die deutlich gesünder sind, also eigentlich völlig uneingeschränkte Mädels. Das hatte ich schon einmal erwähnt, dass ich das nie verstehen werde: 'Warum ich?' Und dabei ist es geblieben. Ich fühle mich, wie durchaus herauszuhören ist, im Moment derart beschissen und unwohl. Vom Wesen her bin ich zwar gleich geblieben und von der Optik weitestgehend auch, abgesehen von Haarlänge und Brille.