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Leseprobe für das Buch Die Analyse des Selbstbewußtseins
Eine Betrachtung über uns selbst und das Ganze
von Ulrich Otto Rodeck:

§ 9. Die Analyse des Selbstbewußtseins
Im Willen zum Dasein äußert sich die metaphysische Beharrlichkeit. Der Wille bedient sich des Intellekts als Brückenschlag in die physische Welt der Erscheinung, denn von der Schärfe, vom Durchdringungspotential des Verstandes hängt es ab, wie stark die Motive wirken, die dem Willen vorgehalten werden. Die Gefühle, Triebe, Regungen, Wünsche und Begierden sind Ausdruck des Willens als unveränderlicher Charakter, und alle Gedanken, die im Intellekt entstehen, geschehen nicht aus ihm selbst heraus, sondern auf Veranlassung des Willens, denn dieser ist das eigentliche Sein des denkenden Subjekts. Also geschieht kein Gedanke ohne Anlaß , und bei rational und gründlich denkenden Köpfen kann dieser der Grund sein zu einem Folgegedanken. Geistreiche, poetische Köpfe neigen dazu, die Phantasie spielen zu lassen und, indem der Gedanke ein anschauliches Bild hervorgerufen hat, entstehen nun in ähnlicher Weise weitere Gedanken, deren analoge Bilder eine Welt der Phantasie entstehen lassen.
Ein Gedanke kann aber nicht allein vom Willen, als dem eigentlichen Sein, hervorgerufen werden, sondern natürlich auch durch einen äußeren Sinneseindruck entstehen. Da der Wille aber je nach Veranlagung des Verstandes auf die ihm vorgehaltenen Motive reagiert und der Verstand auf den Sinneseindruck hin durch seine Formen von Zeit, Raum und Kausalität die objektive Körperwelt hinzufügt, so entsteht dadurch, daß der Wille sich des Intellekts bedient, eine inner-subjektive Verbindung von Ideen.
Wenn wir ferner bedenken, daß jegliche Wesen, sofern sie erscheinen, auch ihr eigentliches metaphysisches Sein besitzen müssen und dieses Sein an sich der objektiven Dinge sich gegenüber unseren Erkenntnisformen genauso gleichgültig verhält wie der individuelle Wille des erkennenden Subjekts, so können wir das eigentliche Sein der objektiven Dinge ebenso den Willen nennen, obwohl er bei den Wesen außer uns anders in die Erscheinung gelangt ist. Da die inner-subjektive Ideenwelt nach Maßgabe des individuellen Willens entsteht und das eigentliche Sein der objektiven Körper ebenfalls den Willen als Ding an sich darstellt, so kann die Erforschung der Ursachen von Erscheinungen nie eine erschöpfende sein, wenn wir nicht die Bedingungen, denen das erkennende Subjekt unterworfen ist, mit einbeziehen. Die Unvollkommenheit des Denkens besteht darin, daß ständig durch äußere Eindrücke entstehende Gedanken auf uns einwirken und gleichzeitig eine durch den Willen geforderte inner-subjektive Ideenwelt uns beherrscht, so daß der Gedankenablauf, der durch Sinneseindruck hervorgerufen wird, immer mit der subjektiven Ideenwelt konkurriert.
Der als eigentliches Sein erkannte beharrende Wille eines menschlichen Individuums durchzieht nicht nur dessen zeitliche Erscheinung, sondern ist ebenso vor der Geburt wie nach dem Tode. Er ist von Anfang an vorhanden und daher nicht an eine Entwicklungsstufe des Individuums gebunden und gleichfalls präsent im Wachzustand und im Schlafe. In einer bestimmten kindlichen Entwicklungsstufe müssen aber der noch unfertige, ungeübte und entwicklungsbedürftige Intellekt und das nie werdende, sondern stets beharrende eigentliche Sein des menschlichen Individuums behutsam einander nähergebracht werden, damit sie sich miteinander bekannt machen und sich gewissermaßen die Hand geben. Das Individuum wird sich dadurch mehr und mehr seiner selbst bewußt, indem sein Intellekt die eigentlichen beharrenden Anteile wie Gefühle, Triebe, Begierden erkennt. Das Individuum muß seinen Willen zum Leben, der im unveränderlichen Charakter zum Ausdruck gelangt, dem Intellekt vorhalten, damit es ein Bewußtsein seiner selbst erlange. Dies gelingt allein dadurch, daß das Individuum alle Arten seines eigentlichen Seins bejaht und annimmt und es als den Träger seiner Subjektivität, seines Ichs, durch den Intellekt erkennt.
Durch zwei Arten von Mißachtung kann die Entwicklung des Selbstbewußtseins gestört werden; einmal dadurch, daß die Anteile des eigenen Wollens unterdrückt werden und somit der Intellekt den Willen nicht erkennt und das andere Mal, indem alle Äußerungen des Wollens in schrankenlose Freiheit auslaufen und dem Willen dadurch, daß ihm keine Grenzen gesetzt werden, die Möglichkeit genommen wird, sich in dem ihm Entgegengesetzten wiederzufinden. Die Grenzsetzung durch andere gegenüber dem individuellen Wollen wird vom Intellekt des Individuums wiederum vermerkt. Wenn die Äußerungen des Ichs im leeren Raum verhallen, so kann der Intellekt die Willensäußerung auch nicht erkennen.
Der Wille als Träger der Subjektivität beharrt und beantwortet als eigentliches Sein der menschlichen Erscheinung die Frage, warum gerade dem gegenwärtigen Subjekt die objektive Welt erscheint, mit anderen Worten ausgedrückt, warum gerade Ich das Ich bin und nicht irgendein anderer. Der beharrende Wille verbindet die Erscheinungen der objektiven Dinge in einer lebendigen Subjektivität, ohne welche die Erscheinungen nichts als eine Anhäufung von Mannigfaltigkeiten wären. Am beharrenden Willen verfließt die objektiv erscheinende Welt, am Willen als Träger der Subjektivität erhält die mannigfaltig entgegenstehende Welt ihren Dreh- und Angelpunkt. Der Wille beharrt und hört niemals auf, zu sich selbst kommen zu wollen, auch nicht, wenn er unterdrückt worden ist, so daß er vom Intellekt des entsprechenden Individuums nicht erkannt werden konnte. Aus meiner Beschäftigung mit der Analyse des Selbstbewußtseins erinnere ich einen Fall, in dem eine Mutter, wenn auch unbewußt, den Willen als das eigentliche Sein ihres Sohnes dadurch unterdrückt hat, daß sie seinen Willen als Ausdruck seines ureigensten Wesens nicht angenommen, mit anderen Worten, daß sie ihn nicht geliebt hat. Dadurch konnte der Intellekt des Jungen seinen Willen nicht unmittelbar erkennen, denn was nicht geliebt und angenommen wird, darf auch nicht vorhanden sein. Durch diese Kränkung, die in den Kern des eigentlichen Seins zielt und den Willen zum Leben direkt angreift, mußte der Intellekt des Jungen sich weigern, den eigenen Willen wahrzunehmen, weil jener nicht seinem Sterben zusehen konnte. Dem Willen selbst aber ist alles Vergehen gleichgültig, so daß er auch bei dem später erwachsenen Mann darauf beharren wird, vom Intellekt erkannt zu werden und in entsprechenden Handlungen in die Erscheinung zu gelangen. Durch das Trauma der Ablehnung jedoch blieb der Mann später auf der kindlichen Entwicklungsstufe stehen, die durch die Ablehnung durch die Mutter gekennzeichnet war, denn gleichzeitig verlangte sein Wille immer noch nichts anderes, als entsprechend seinem Wollen in die Erscheinung zu gelangen. Durch die Anteile seines Wollens, die nicht ins Bewußtsein gelangen konnten, wurde er getrieben, sehr hohe Ansprüche an seine Frauenbekanntschaften zu stellen, weil er in diesen dasjenige, was seine Mutter ihm verweigert hatte, unbewußt nachzuholen begehrte. Jedoch, da sich die Grundlage zum Aufbau des Selbstbewußtseins durch behutsame Annahme durch die frühe Bezugsperson vollzieht (welches ich im Verlauf dieser Untersuchung immer wieder reflektieren werde), konnten alle Bekanntschaften ihm doch nicht die Mutter zurückgeben und zerbrachen. Doch diejenige, die alle Beziehungsfähigkeit vernichtet hatte, weil das in der Kindheit hervordrängende Wollen des Jungen sich nicht am Gegenüber der Bezugsperson widerspiegeln konnte und sein Intellekt sein eigentliches Sein nicht Stück für Stück erkannt hatte, wurde weiterhin von dem erwachsenen Mann verehrt, weil sein Wille unbeirrt auf sich selbst beharrte und er in seiner Mutter diejenige sehen ließ, von der sein Heil kommen sollte. Fürwahr, wie metaphysisch ist die Kraft des Willens, wenn er es zuwege bringt, daß jemand diejenige verehrt, die es verhindert hat, seinem eigentlichen Sein gemäß zu leben!