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Leseprobe für das Buch Damals in Bettenhausen von Gustav Reuchsel:

An den Anfang des Ersten Weltkrieges kann ich mich gut erinnern. Mit neun Jahren sieht und hört man schon mehr. Es war an einem sehr warmen Tag Mitte Juni 1914. Gegen Abend hielt vor der Gastwirtschaft 'Zum grünen Baum', unserem Hof gegenüber, wie so oft der Kutschwagen der Pächterleute vom Helmershäuser Gutshof. Der Name ist mir entfallen. Der Pächter war ein eleganter, schlanker Herr in mittlerem Alter. Er kam an diesem Tage aus Meiningen, wo er am Begräbnis des Herzogs Georg II. teilgenommen hatte. Er war Reserveoffizier und trug eine feine Uniform. Sein Vater war auch dabei und war in schwarzer Kleidung. Sie kehrten wir üblich im Gasthaus ein, und sie brachten die Nachricht von der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo (Serbien) mit. So erfuhren die Bettenhäuser von dem schlimmen Ereignis, das den Ersten Weltkrieg auslösen sollte. Radio gab es damals noch nicht. Das Neueste konnte man nur durch die Zeitung erfahren oder durch 'Extrablätter', die verteilt wurden. Ich erinnere mich, dass man in den folgenden Tagen oft vom Krieg sprach. Als dann im Juli die ersten Gestellungsbefehle ins Dorf kamen und die Einberufung folgte, standen die Männer in Gruppen auf der Dorfstraße und diskutierten. Man war ernst, aber nicht ängstlich. Eines Abends standen Vater, unser Nachbar Senf, der Klempner und ein paar andere vor unserem Hoftor. Wir Jungen sprangen herum. Wir konnten ja nicht begreifen, um was es ging. Die Nachbarsjungen, Hugo Senf und Hugo Kellermann - sie waren Stiefbrüder - riefen ihrem Vater, der damals mindestens 50 war, zu: 'Vatter, zont (jetzt) musste aa in’n Krieg!' Da langte der Vater herum, und der Rufer schnappte eine kräftige Ohrfeige. Am 1. August begann der Krieg. Der Gestellungsbefehl für unseren Vater, der 1896-98 in Kassel bei Inf.-Reg. 167 gedient hatte, kam erst ein paar Tage später. Er musste am 17. August 1914 einrücken, zuerst nach Meiningen. Mit ihm eine ganze Reihe Landsturmleute in Vaters Alter, u.a. Gottlieb Weisheit, Karl Weisheit, Georg Weisheit, Gabriel Baumbach. Nach ein paar Wochen wurden sie nach Ohrdruf verlegt und im Sommer 1915 nach Frankreich. Vater hat selten von seinen Kriegserlebnissen erzählt.

* * *

Zwischen den Bettenhäuser und Seebaer Jungen herrschte immer Kriegszustand. Das 'Vordere Loh' war oft Schauplatz kriegerischer, manchmal sogar blutiger Auseinandersetzungen. Da ging man mit Knüppeln aufeinander los. Am andern Tag saßen wir friedlich nebeneinander auf der Schulbank. Die größten und gefährlichsten Haudegen waren bekannt. Ich kenne sie heute noch zum Teil mit Namen. Manchmal beteiligten sich auch ältere Jahrgänge. Ob diese 'Feindschaft' heute noch besteht? Wohl kaum! Der 'Hintere Loh' - noch weiter nach Seeba und weiter abseits von der Straße gelegen - bestand vorwiegend aus jungen Fichten und war sehr dicht und verwachsen. Wir gingen selten und ungern dorthin. Hinein trauten wir uns kaum. Dort sollte sich mal einer aufgehängt haben. Davor gruselte uns. Wir stromerten oft in unseren schönen Wäldern umher. Auch die 'Vogelsküppel' und die Warte suchten wir heim. Wenn man den Burgweg hinauf und an der Warte vorüber zur 'Leite' ging, kam man oben in den Wald, wo im Frühling die Schneeglöckchen (es waren die Märzenbecher) in großen Beständen blühten. Dort wuchsen auch die Christrose und der Kellerhans, und im Sommer begegneten wir dort der giftigen Tollkirsche. Gern wanderten wir auch zur Ruine Hutsberg, eine der ehemaligen Burgen der Grafen von Henneberg. Wir gingen durch die 'Birke', durch die 'Kammer', auf schmalem Waldpfad am Jägerhäuschen vorüber und dann den Kammweg rechts hinauf zur Ruine. Über den verfallenen Wallgraben führte ein verwachsener Waldweg hinein in das Gemäuer, das trotz seiner Höhe von Weitem nicht zu sehen war. Die Bäume, meist Buchen, waren darüber hinausgewachsen. Man brauchte fast anderthalb Stunden, um dorthin zu kommen, und man war weitab von den Dörfern, rings von großen Wäldern umgeben. Das Rauschen der hohen Bäume, das plötzliche Vorüberhuschen der aufgeschreckten Eulen, das verfallene Mauerwerk mit seinen Winkeln, Ecken und Gängen ließ uns immer ein wenig erschauern. Eine verwunschene Gegend. Was mag sich in diesen Mauern alles ereignet haben?